Ein Volksfest der Blasmusik auf der Harburg

Das Benefizkonzert für die „Kartei der Not“ und den Erhalt der Burg geriet einmal mehr zu einem begeisternden Stelldichein der musikalischen Ensembles.

DONAUWÖRTHER ZEITUNG VOM 09.07.2019

VON ULRIKE HAMPP-WEIGAND


BILD VON SIMON BAUER

Das hatte sich Georg Schmid vielleicht einmal gewünscht, aber wohl nicht erwartet: Dass seine Idee einer Serenade mit Blasmusik, gespielt von den Musikkapellen aus dem Landkreis, zu einer alle Jahre wiederkehrenden Veranstaltung würde: in diesem Jahr mit den Blasmusikkapellen aus Nördlingen, Harburg, Donauwörth und Rain. Mit einem sehr angelsächsisch inspirierten Programm. Schon ein Blick mit Wehmut auf den Brexit-Tag 31. Oktober?

Moritz Fürst zu Oettingen-Wallerstein, hieß umfassend die zahlreichen Honoratioren und auch die Helfer willkommen – vor allem aber die Musiker der vier Blasmusikorchester nebst ihren Bürgermeistern. Gemeinsam spielten die mindestens 100 Musiker festlich hochtönend den Eingangsjubel, die „Fanfare Festive“ von Michael Geisler und gaben damit vielstimmig, vom Harburger Dirigenten Franz Fischer geleitet, eine sehr ansprechende Visitenkarte ab.

Der Regen setzt ein
Das beifallsfreudige Publikum freute sich sichtlich. Erste Regentropfen ließen das sonnenverwöhnte Auditorium besorgt gen Himmel schauen, Regenschirme öffnen. Nicht einmal der kundige Moderator Martin Jörg vermochte etwas dagegen. Nur die armen Musiker mussten aushalten.

Die Vorstellung der einzelnen Kapellen, klanglich bunt und abwechslungsreich, bot großes Hörvergnügen. Die Stadtkapelle Harburg (Franz Fischer) hatte ihr Herz an Tom Jones, damals „sexiest man alive“, Idol so mancher Jugendtage, verloren – sie widmete sich einem Medley „Tom Jones in Concert“, arrangiert von Harald Kolasch, von den jungen Musikern ausdrucksstark vorgetragen.

„Finnegans Wake“ – literatische Weltklasse von James Joyce, so großartig wie kompliziert verschachtelt, ließ das Können der Stadtkapelle Donauwörth (Josef Basting) intelligent und begeisternd aufblitzen. Flöten, Trompeten, Klarinetten, treten dialogisch in Wettstreit um des (schein-)toten Säufer Finnegans Erweckung.

Der Tradition verbunden
Die Stadtkapelle Nördlingen (Oliver Körner) verleugnete ihre Pfeifertraditonen nicht – mit den „Dublin Dances“ von Jan van der Roost ein Gruß an die „grüne Insel“ aus dem immer maisgrüneren Ries: Im Wechsel von solistischem Schlagzeug und Flöten, einer durch die Instrumentengruppen gleitenden sehnsuchtsvollen Melodie und fröhlichem 6/8 Takt, liedhaft, weich klingende Blechtutti, sehr irisch-volkstümlich. Schön!

Die sinfonische Blasmusikkapelle Rain (Andreas Nagl) überzeugte mit einem britischen Import. Nämlich mit Musik des ab 1712 in London zu Ruhm und Reichtum gekommenen Deutschen Georg Friedrich Händel. „Music for the Royal Fireworks“, 1749 anlässlich des am 7. Oktober 1748 geschlossenen Aachener Friedens für König Georg II., der ausschließlich „Militärinstrumente“ hören wollte, komponiert.

Damals wie heute sensationelle Musik, mit Kutschenstaus und Ohnmachten schon bei der Probe, heute mit vier Pauken und einem groß aufspielenden Blasorchester nicht weniger eindrucksvoll. Hinreißende Musik, großartig vorgetragen, es gab begeisterten Applaus.

Very British!
Harburgs Musiker hatten sich eine bezaubernde Pretiose ausgesucht – „Grandfathers‘s Clock von Peter Schaad, eine Legende aus Yorkshire von einer Standuhr, die mit dem Leben zweier Menschen so verwoben war, dass sie zu ticken aufhörte, als der letzte starb: very British, indeed! Solistisch brillierten mit dem Tenor-horn Martin Bals und Michaela Schmidbauer, die mit der Piccoloflöte das tickende Uhrwerk vorgab – große Klasse.

Donauwörth ehrte „Udo Jürgens live!“. seine Ohrwürmer funktionieren noch genauso wie in den Entstehungsjahren. Sehr schwungvoll und ansprechend gespielt!

Frank Sinatra ist mit dabei
Wenn angelsächsisch, dann darf „Frankieboy“ nicht fehlen. Einer Hommage an Frank Sinatra hatte sich dann wieder Nördlingen verschrieben mit „Frank Sinatra Classics“ (arr. Stefan Schwalgin). Die orchestrale Opulenz seiner Songs, sauber intoniert, zog den Zuhörer in die Musik, riss mit und begeisterte. Es war eine überzeugende Auswahl und Leistung der Nördlinger.

Mit Edward Elgars Suite in D-Dur, „Pomp & Circumstance Nr. 1“, der heimlichen Hymne Englands, dem prachtvoll instrumentierten Orchestermarsch „Land of Hope and Glory“, überzeugend die Rainer wiederum. Ein Werk, Prunk und Pomp eines „glorreichen“ Krieges besingend. Grandioses Schlagwerk, hervorragend eingestimmte Bläser – allein schon für diese Hymne sollte Großbritannien in Europa bleiben.

Beeindruckende Einlage
Gemeinsam gespielt folgten in wechselnden Dirigaten „Jubelklänge“ von Ernst Übel, ein sehr abwechs-lungsreicher, sehr stimmig klingender Marsch (Andreas Nagl). Der von Michael Haydn komponierte „Coburger Marsch“, arr. von Franz Watz (Oliver Körner) überraschte mit einer beeindruckenden Einlage: Aus den Fenstern des Saalbaus intonierten Trompeter sehr effektvoll die Trompetenparts und machten verständlich, warum dieser Marsch in die preußische Armeenmarschsammlung aufgenommen wurde.

Und zuletzt noch ein „richtiger“ Traditionsmarsch: „Alte Kameraden“ von Carl Teike, arr. von Siegfried Rundel (Franz Fischer) – einer der populärsten und (weltweit) meist-gespielten deutschen Militärmärsche: Musik im Sinne des Friedensprojekts „Europa“. Märsche und Blaskapellen sind halt untrennbar!

Kein Konzert ohne Zugabe: Mit der Polka „Böhmischer Traum“ von Norbert Gälle wechselten sich die vier Dirigenten ab: Begeisterter, und mehr als verdienter Beifall der vielen Besucher dankte den Kapellen. Ein gelungener Abend – und das Wetter hatte ja schließlich auch noch ein Einsehen gehabt!f.