So rund, so klangvoll, so schön

Rund 500 Besucher lauschen der Serenade des Rainer sinfonischen Blasorchesters im Schlossgarten. Die musikalische Mischung begeistert.

24.07.2023 VON ULRIKE HAMPP-WEIGAND – Donauwörther Zeitung

Die Rainer Stadtkapelle unter der Leitung von Andreas Nagl begeistert die rund 500 Zuhörer bei der Sommerserenade im Rainer Schlosshof.

Rain „Seht ihr den Mond dort stehen …“ Mit einer Paraphrase von Alfred Bösendorfer zum „Abendlied“ von Matthias Claudius, vertont von J.A.P. Schulz: die Zugabe. Claudius’ unsterbliche Zeilen sind zum Volkslied geworden. Ein schönerer Abschluss für die Serenade des Rainer sinfonischen Blasorchesters war gar nicht vorstellbar.

Selbst der Sichelmond schien vom nachtblauen Himmel aus zuzustimmen. Ein musikalischer Höchstgenuss im Rainer Schlossgarten, wo das Licht Schattenrisse an die Mauern zeichnete. Man kann die Rainer beneiden um Schloss und Drumherum – und es scheint kein gewagter Vergleich: München hat Klassik am Odeonsplatz, Rain hat sinfonische (Blas-)Musikklassik im Schlossgarten.

Die Rainer, und die vielen Besucher von auswärts, wissen das zu schätzen. Trotz des gleichzeitig stattfindenden Reichsstraßenfests in Donauwörth versammelten sich rund 500 Besucherinnen und Besucher, um großartige Musik in wundersamer Umgebung zu hören. Schon das große Vororchester mit Nachwuchs an allen Instrumenten überzeugte und stellte die hervorragende Ausbildung unter Beweis. Auch wenn da die Nervosität noch am größten war – Dirigentin Cathy Smith hat ihre Mädels und Jungs fest im Blick und im Griff.

Drei unterschiedlich fordernde Werke gab es zu hören: einen Auszug aus der „Star Wars Saga“ von John Williams (arr. Michael Story) begeisterte, „The Sailors Adventure“, nach Ansage von Moderator Marco Roger „wie eine Ouvertüre“: Musikalisch thematisiert eine große Fahrt, vergnüglicher Landgang und Einlaufen in den Heimathafen. Abschließend, kurzweilig und lautmalerisch „Harry has to hurry“ – Weckerticken, Alarm, Weiterdösen, Weckerticken, Alarm … und das entsprechend hörbar werden – de Chaos, das solche Murmeltiere anrichten. Klangschön musiziert, fokussiert. In schier überwältigender Zahl folgten die 85 Musiker des „großen“ Orchesters, als eines der drei besten Laien-Blasorchester Deutschlands ausgezeichnet. Erster Bürgermeister Karl Rehm bezog bereits in seinem Grußwort den glanzvollen Ruf des Orchesters nicht nur auf Organisation und Dirigent Andreas Nagl, sondern vor allem auf die Musiker. Der „Festmarsch“ von Johann Strauß’ Sohn aus dem Jahr 1893, anlässlich der Hochzeit des mit ihm befreundeten bulgarischen Königs Ferdinand I. – die Uraufführung mit 500 Militärmusikern im Prater macht immer noch staunen – stand am Anfang: Schwungvoll, alle Instrumentengruppen glänzen, klingt es ein kleines bisschen preußisch-zackig, mit grandiosem Wiener Schmäh angereichert, und macht Lust auf mehr. Ein Medley mit den Evergreens aus Ralph Benatzkys Revue-Operette „Im weißen Rössl“ beziehungsweise dem Film mit Waltraud Haas und Peter Alexander und Beiträgen von Robert Stolz, (arr. Schwalgin), zeigt wiederum, wie hervorragend die Stadtkapelle Rain auch fein differenzierte Tonsätze formulieren kann – die Melodien fließen so leicht, so ganz selbstverständlich. Vom ewigschönen Sigismund über fröhliches Verliebtsein im Salzkammergut.

Dass da über die Instrumentengruppen hinweg Dixieland, Jazz, ein Rumba-Beat oder gepfiffen und mit allen denkbaren Schlaginstrumenten gejuxt wird, ist aller-
beste Unterhaltung. Sommer, Ferien und Urlaub stehen vor der Türe, da passt eine „Fiesta Española“ (arr. Günter Rennert) – die Ouvertüre von Georges Bizets Oper „Carmen“, „Valencia“ und „spanischer Zigeunertanz“ feurig-mitreißend, und „Eviva España“, von zwei Belgiern: Tony Marshalls deutscher Superhit.

Die Themen blitzen durchs Orchester, spanisches Temperament begeistert. Das einfühlsam und brillant gespielte Medley aus Leonard Bernsteins „West Side Story“ war Konzerthöhepunkt: die amerikanische Version von William Shakespeares „Romeo und-Julia“, der Einwanderer-Rassenkonflikt im Westen New Yorks, die Hoffnungen von Maria und Tony. Samtig, dunkel und zärtlich lassen die Basstrompeten die Klarinetten in lyrischen Passagen aufleuchten, sehnsuchtsvoll und wehmütig erklingen „Maria“, „Tonight“, „Somewhere“, Flötentriller akzentuierten, „America“ schallt es über den Garten. Dem Saxofon als solistischem Instrument gewidmet noch ein sehr modernes, sehr energisch zu spielendes Medley „Sex, Wind & Funk“ (arr. Schwalgin), ein Spiel mit den Namen der Bands und deren jeweils einzigem Hit: „September“, „Spinning Wheels“ und „Birdland“, – wo kommt da bloß der „liebe Augustin“ her? Dann: langer, verdienter Beifall.