Stadtkapelle Rain: Großartiges musikalisches Ereignis

Beim Frühjahrskonzert gab es Sinfonische Blasmusik vom Feinsten. Hans Hönig wurde für 23 Jahre Moderation zum Ehrenmitglied ernannt

DONAUWÖRTHER ZEITUNG VOM 19.04.2016

Von Manfred Arloth

Konzertante Blasmusik vom Feinsten: Die Stadtkapelle Rain, deren grandioser Ruf erst unlängst einmal mehr bei den Wertungsspielen des Bezirksmusikfestes bestätigt worden ist (siehe unten stehenden Bericht), bot den Fans in der Heimatstadt ein klang- und genussvolles Erlebnis. Das Sinfonische Blasorchester servierte den Besuchern des Frühjahrskonzerts in der Dreifachturnhalle mehrere Kompositionen von höchstem Schwierigkeitsgrad. Dirigent Diplommusiker Andreas Nagl hatte mit seinen 80 Amateur-Musikerinnen und -Musikern wieder einmal ein enormes Pensum bestens einstudiert. Wie sehr die musikalische Gesamtleistung gefiel, ja begeisterte, zeigte sich beim Schlussapplaus, mit dem sich die Zuhörer im Stehen bedankten. Ihr Debüt als Moderatorin absolvierte übrigens Karin Neubauer mit Bravour.

„Synergy Rising“ lautet der Titel des zuerst aufgeführten, modernen Werks des Komponisten Ryan Nowlin. Dabei ging es von Anfang an mit Pauken und Trompeten so richtig „zur Sache“. Verwegene Klänge und Synkopen, Melodie-Fetzen und eine drängende, aber auch fröhliche Klangfülle kennzeichnen dieses Stück. Gefälliger wurde es bei Antonin Dvoraks Slawischem Tanz op. 46 Nr. 4 F-Dur komponiert 1878. Der Komponist wandelte das eingängige, romantisch-verträumte Thema vielfältig ab. Mal kam es heiter-akzentuiert, ja eben tänzerisch daher, mal mit kleinen schwermütigen Abstechern ins Moll, ehe es Fahrt aufnimmt und in ein kurzes, knackiges Finale mündet.

„Of Sailors and Whales“ nannte W. Francis McBeth seine fünfsätzige Suite. Der amerikanische Komponist beschreibt darin Szenen aus Hermann Melvilles berühmtem Roman „Moby Dick“. „Ishmael“, der Matrose, der Erzähler, der als einziger den Kampf mit dem weißen Wal überlebt, beginnt (musikalisch) leise, ruhig, doch die sich anbahnende Dramatik ist bald schon spürbar. Elektrisierende, aufwühlende Klänge bestimmen den zweiten Satz, betitelt „Queequeg“: Auch darin ist „Gefahr in Verzug“. Schrill, sich nach und nach in immer tiefere Tonlagen bewegend, zieht sich das Motiv durch die Register. Zarte Oboenklänge, gefolgt von gewaltigen Tiefblecheinsätzen symbolisieren die Extreme dieses Menschen, und wildes Trommeln deutet die kannibalischen Wurzeln des Südseeinsulaners an. „Father Mapple“ rezitierten die Mitglieder des Orchesters wie ein Kirchenlied, düstere Stimmung griff um sich, und die Schiffsglocke mahnt, bereit zu sein für ein gefahrvolles Unternehmen. „Ahab“ – wer kennt ihn nicht, den Kapitän mit dem Holzbein? Die Dramatik nimmt zu, die Jagd auf den weißen Wal beginnt mit forschem Getöse. Im letzten Satz, überschrieben mit „Der weiße Wal“, eskaliert der Kampf, die Katastrophe bahnt sich an, das Drama kann auch mit dem Stoßgebet „Gott, steh uns bei“ nicht mehr abgewendet werden.

Mit dem Konzertmarsch von Rudolf Herzer „Hoch Heidecksburg“, komponiert 1912, einem „Ohrwurm“ sondergleichen, unbeschwert und mit sichtlicher Freude musiziert, verabschiedeten die Bläser die Konzertbesucher in die Pause.

Danach führten die Musiker die sechssätzige „Hans-Christian-Andersen-Suite“ von Soren Hyldgaard auf, Programm-Musik, wie sie überzeugender nicht sein könnte. Eine sinfonische Dichtung im besten Sinne: Musikalische Szenen lassen Bilder vor dem inneren Auge lebendig werden. So etwa zunächst die „Vorstellung des dänischen Dichters Andersen“ mit furiosem Beginn, dann „die Begeisterung für die Eisenbahn“ mit der beachtlichen Kraft einer Lokomotive, der Dampf entweicht rhythmisch. „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ beschrieb Hyldgaard mit „kalten“ Melodien: Eisiger Wind wird lautmalerisch vom zarte Wehklagen der näselnden Oboe interpretiert. Dann verfolgte man den Irrweg des „Mädchens mit den Schwefelhölzern“ durch die Stadt und erlebte letztlich deren Sterben mit. Es folgten die Beschreibung der quirligen Metropole Konstantinopel, der zwiespältige „Traumwalzer“ und schließlich die „Zunderbüchse“ mit ihrer fröhlichen, witzigen Musik. Fazit: Ein großartiges musikalisches Ereignis!