Umjubeltes Konzert der Stadtkapelle Rain

Mit ihrem Passions- und Frühjahrskonzert bot die Stadtkapelle Rain unter Andreas Nagl ein neues Konzept, das von tiefgründiger Reflexion bis zu fröhlicher Leichtigkeit reicht. Und das auf höchstem Niveau.

Erstmals präsentierte sich die Stadtkapelle Rain mit einem Konzert im Veranstaltungsraum es neuen Schulzentrums. So spannend wie diese neue Stätte war auch das Konzept des Abends – eine herausfordernde Mischung aus Kompositionen von höchstem Niveau.

Fotos: Simon Bauer

Von Beate Schwab

Rain Die Ostertage sind ein Fest der Selbstbesinnung, des Innehaltens und des frühlingshaften Anfangs – und eine Zeit für eindringliche musikalische Reflexionen. Die Stadtkapelle Rain präsentierte mit ihrem Passions- und Frühjahrskonzert gleich zwei gegensätzliche Konzertprogramme an einem Abend und feierte eine umjubelte Premiere an neuer Spielstätte.

Ein neuer Ort und ein neues Konzept: Die Stadtkapelle Rain unter der Leitung von Andreas Nagl tritt erstmals in der Aula des neuen Schulzentrums auf und hat dafür ein zweigeteiltes Programm mit völlig unterschiedlichen Konzertthemen mitgebracht. Den Abend vor Palmsonntag beginnt das große sinfonische Orchester der Stadtkapelle mit einem Passionskonzert, der „Sinfonia No.2 La Passió de Crist“ des spanischen Komponisten Ferrer Ferran. Dieses zeitgenössische Werk übersetzt die neutestamentalische Geschichte einschließlich der Passion meisterhaft in ein mitreißendes Klangerlebnis.

Der Komponist hatte der Stadtkapelle im Vorfeld via Instagram viel Erfolg bei der Umsetzung des vielschichtigen Projektes gewünscht, wie Moderator Marco Roger stolz berichtet. Beeindruckend präsentiert das ambitionierte Ensemble – als eines der drei besten Amateur-Blasorchester Deutschlands ausgezeichnet – das höchst anspruchsvolle Werk, wobei alle Instrumentengruppen gleichermaßen brillieren. Der Komponist beschreibt die Lebens- und Leidensgeschichte Jesu Christi, von Mariae Empfängnis über Johannes den Täufer und die drei Versuchungen, bis zum Abendmahl, dem Kreuzweg und der Wiederauferstehung. Romantische, mystische Passagen wechseln sich ab mit hochdramatischen, fast schrillen Szenen. Dem Orchester gelingt es, die Emotionen in eine aufwühlende Klangsprache zu übertragen und das Publikum von den ersten Tönen an zu berühren.

Ergänzend zur Musik rezitiert der Schauspieler Schorsch Thaller die entsprechenden Bibelstellen, vermittelt einfühlsam großes Leid und Verzweiflung, aber auch tiefe Hoffnung. Wundervoll in Szene gesetzt durch die für diesen Abend eigens angefertigten Illustrationen von Linda Mosena entsteht so ein anrührendes Gesamtkunstwerk aus Musik, Sprache und Bild, das die ergriffenen Zuhörerinnen und Zuhörer tief bewegt. Eine musikalische Reflexion über den Tod, die mit einem positiven, hoffnungsfrohen Ausblick endet, vom Publikum mit langanhaltendem, stehendem Beifall und Bravorufen belohnt.

Ganz im Gegensatz dazu steht der zweite Teil dieses Konzertabends, der nach der Pause schwungvoll eine frühlingshafte Leichtigkeit mitbringt. „Die Sonne geht auf“, ein traditioneller, imposanter Marsch, bei dem sich alle Register profilieren können, fesselt mit vergnügter Wanderlaune. Zum 200. Geburtstag des „Walzerkönigs“ Johann Strauß (Sohn) trägt die Stadtkapelle mit fröhlicher Feierlaune die „Annen Polka“, den „Spanischen Marsch“ und die Schnell-Polka „Leichtes Blut“ so tänzerisch, unbeschwert vor, dass es das Publikum beim galoppierenden Rhythmus kaum auf den Sitzen hält.

Die beschwingte musikalische Reise geht von Wien weiter nach Lateinamerika, mit den „Latino Mallets“ bringt das Orchester unterstützt von einem umfangreichen Perkussionsinstrumentarium den charakteristischen Sound temperamentvoll auf die Bühne. Manuel Ehlich als Solist am Marimbafon glänzt bei den schnellen Teilen „Tico Tico“ und „Mambo Jambo“, das etwas langsamere „Tea for two“ im Cha-Cha-Stil überrascht noch mit einem kurzen Swingteil. Beifallsstürme für diese leidenschaftliche Darbietung!

In die „Goldenen 20er Jahre“ entführt zum Schluss das Medley „The Crazy Charleston Era“, mit dem das Orchester noch einmal seine große Spielfreude zeigen kann. Die einzelnen Register glänzen mit kecken, vorwitzigen Einfällen, pfiffige Instrumentaleffekte lassen die brodelnde Vitalität und Kreativität dieser „wilden Ära“ lebendig werden. Die verrückten Kapriolen des energiegeladenen Orchesters reißen das begeisterte Publikum fast von den Sitzen, enthusiastisch werden noch zwei Zugaben erklatscht.

Mit einem äußerst ambitionierten Projekt hat die Stadtkapelle musikalisches „Neuland“ betreten und eine umjubelte Premiere gefeiert.