Wunderbare Klänge von Rains Aushängeschild

Die Stadtkapelle Rain begeistert beim Frühjahrskonzert wieder mit einem weiten Spektrum an Musikstücken

DONAUWÖRTHER ZEITUNG VOM 02.05.2017

Von Ulrike Hampp-Weigand

Bild von Simon Bauer

So hinreißend kann Blasmusik klingen. Der alljährliche Höhepunkte im Konzertleben der Stadtkapelle Rain – das Frühjahrskonzert. Andreas Nagl, seit fast 25 Jahren Dirigent, hat ein hoch ambitioniertes, musikalisch-technische Höchstleistungen einforderndes Programm zusammengestellt.
Die 80 Musiker der Stadtkapelle mit Solistin Teresa Braun treten vor ihr erwartungsvolles Publikum, Erster Bürgermeister Gerhard Martin, Stadtpfarrer Biercher, Stadträte, Schulleiter und Bankvorstände, und sehr viele Zuhörer, Jung und Alt… Vorstand Christoph Heider freut sich in seiner Begrüßung über den großen Zuspruch. Bürgermeister Martin stellt kurz und knapp und außerordentlich richtig fest, dass die Rainer Stadtkapelle ein großartiges Aushängeschild der Stadt sei. Und dann freuen sich alle und durften ein großartig gespieltes Konzert hören. Durch den Abend führte Karin Neubauer mit liebevoll und kenntnisreich zusammengestellten Anmerkungen. Gerade zum ersten Musikstück – Alfred Reeds „Armenische Tanze“, Teil I – waren ihre Hinweise eindringlich. Vom ersten Ton an nahm diese Musik völlig gefangen.

Der erste Satz der vierteiligen Suite, eine erweitere symphonische Rhapsodie, baut auf fünf verschiedenen armenischen Volksliedern aus der Sammlung des Armeniers Komitas Vardapet aus dem Beginn des 20igsten Jahrhunderts auf.
Reed hat die Grundstruktur der Lieder beibehalten und ein hoch rhythmisches, fesselndes Charakterstück komponiert, da er die vorgegebenen melodischen, harmonischen und rhythmischen Möglichkeiten kongenial umsetzte.
Diese hinreißende Musik Armeniens, der „Heimat des Schmerzes“, wurde von den Musikern ebenso hinreißend gespielt: „Tzirani Tzar“, aus drei ineinander verwobenen Liedern beginnt sehr melodiös, liedhaft mit lebendigen Rhythmen und vielen Verzierungen; „Gakavi Yerk“, eine filigrane, einfache Melodie, in der Rebhuhntrippeln lautmalerisch dargestellt werden, „Hoy Nazan Eem“, das fröhliche Liebeslied von der umschwärmten Nazan ist sehr liedhaft und tänzerisch; das sehr populäre Lied vom Berg „Alagyaz“ wuchtig mit langen Melodiebögen; und „Gna, Gna“ unbeschwert, stark rhythmisch akzentuiert – die Vorstellung eines Dorffestes zwingt sich geradezu auf. Die herausragend besetzte Rhythmus-gruppe gab eine begeisternde Struktur vor; die Melodien, die von Instrumentengruppe zu Instrumentengruppe weitergereicht wurde, fesselte ungemein durch die verschiedenen Klangfarben.
Carl Maria von Webers einsätziges Concertino op.26 in Es-Dur, für Klarinette und Blasorchester folgte. Vom Zuhörer wurde Umdenken verlangt – von der armenischen Folklore in die deutsche Romantik.
Die 16-jährige, bezaubernde Teresa Braun, trotz ihrer Jugend bereits vielfach ausgezeichnet, spielte in diesem schwierigen „Schlager“ für Klarinette bravourös den Solopart.
Ihr sensibler Ansatz, ihre Sicherheit und Leichtigkeit, ihr langer Atem begeisterten. Ein Wechsel ins „leichtere“ musikalische Fach – Leonard Bernsteins „Candide Suite“ mit einer Vielzahl musikalischer Pretiosen, mit teils ironisch-satirischen Titeln: angefangen bei der „Besten aller Welten“ über „Glitter and be Gay“ bis zum finalen „Make our Garden Grow“. Voltaire verspottete damit eine naive Utopie von einem unbesorgten Leben; Bernstein macht hieraus wundersame Melodien von reicher Vielfalt, von der Koloraturarie bis zu Tangos, Mazurkas, Walzern und regelrechten Gassenhauern. In der Wiedergabe der Stadtkapelle ein 13 Minuten langes absolut kurzweiliges Hörvergnügen.
Mit dem (sehr, sehr) volkstümlichen Marsch „Dem Land Tirol die Treue“ von Florian Pedarnig, in dem der männliche Teil der Stadtkapelle mit männlich-trotzigem Ausdruck die „heimliche Tiroler Landeshymne“ sang, ging es in die Pause, um danach mit der „Star Wars Saga“ von John Williams im Arrangement des von der Stadtkapelle sehr geschätzten Johan de Meij fortzufahren – von extrem lautem Blech hin zu hinreißenden gesanglichen Intermezzi von Oboe, Fagott und Querflöte nebst Rhythmusinstrumenten.
Mit dem letzten Arrangement „Charly Chaplin“ drängten sich die Erinnerungen an Meisterwerke der Filmkunst auf. Marcel Peeters arrangierte ein Medley aus den bekanntesten Melodien der Chaplin-Filme. Eine musikalische Herausforderung auch dieses Stück.
Stehende Ovationen zum Ende des Konzertes, Gratulation an Dirigenten und Musiker – sie gestalteten einen sehr kurzweiligen und unterhaltsamen Abend mit wunderbarer Musik, hervorragend gespielt. Was dann kam, hat schon Tradition: Natürlich spielte die Stadtkapelle als erste Zugabe den „Bayerischen Defiliermarsch. Blasmusik und Tradition sind ja glückliche Geschwister. Und natürlich gab es eine zweite Zugabe: die Wiederholung des wirbelnden „Gna, Gna“ aus den „Armenischen Tänzen“ – grandios, wunderbar, famos.